Ich habe ein Bewerbungsgespräch für
eine schulscharfe Stelle. Und da ich leider nicht persönlich
vorbeikommen kann, läuft das ganze über Skype. Leider findet das
Gespräch nicht dann statt, wenn wir noch in Neuseeland sind, wo es
überall fantastische WiFi-Verbindungen gibt. Auch nicht dann, wenn
wir schon in Ecuador sind, bei Freunden, in einem eigenen Zimmer mit
Internet und Ruhe. Nein, es findet dazwischen statt. An einem der
vier Tage, an denen wir auf den Fiji-Inseln sind. Wo, wie ich mit
Schrecken erfahre, es kein sonderlich ausgeprägtes WiFi-System geben
soll, ja, auf manchen Inseln soll es sogar gar kein Internet geben!
Nun gut, dann fahren wir nicht auf eine der zahlreichen Inseln,
sondern bleiben eben auf der Hauptinsel Nadi und suchen uns ein Hotel
mit einer Internetverbindung. Und zwar mit einer möglichst guten,
schließlich wäre es weder von Vorteil, wenn dauernd der Ton
ausfällt, noch, wenn dauernd das Bild stockt. Das Vorgespräch
findet zwei Tage früher statt. Ich sitze am Flughafen in Auckland
(morgen geht es ganz früh nach Fiji), es ist 23:00 und ich habe die
letzte Stunde damit verbracht, einen relativ geeigneten Platz zu
suchen, wo die Flughafenansagen nicht ganz so hallen, keine
tränenreichen Abschiedszsenen stattfinden und keine Mc-Donalds-Tüten
rumstehen. Letztendlich dient ein Flughafenmülleimer als Laptop
ablage, aber sieht ja niemand. Und siehe da: das Vorgespräch läuft
gut. Der Schulleiter ist freundlich und Bild und Ton sind auch in
Ordnung. Etwas beruhigt lege ich mich auf den wenig weichen
Flughafenboden und schlafe drei Stunden durch. In Nadi angekommen
werden wir direkt von zahlreichen Schleppern umringt, die uns ein
Hotel aufquatschen wollen. Da wir noch keins gebucht haben – ich
muss mich ja schließlich erst von der Qualität der
Internetverbindung überzeugen – lassen wir uns sämtliche Angebote
zeigen. Die Resorts sind allerdings nicht in Nadi-Stadt, sondern über
die ganze Insel verteilt. Klar, die Touris wollen ja Strand. Ich kann
also nicht sämtliche Hotels abklappern und schauen, ob die
Verbindung ausreichend stark ist. Der Typ vom Reisebüro empfiehlt
uns ein Hotel und versichert uns, dort gäbe es Internet, gutes noch
dazu. Er ruft sogar extra an und fragt nach. Uns bleibt ja kaum eine
andere Wahl, außerdem sieht das "Beach House" schön aus!
Wir zahlen eine Nacht im Voraus und setzen uns in den nächsten Bus.
Ich bin völlig k.o.von den letzten Wochen, die wir in Neuseeland im
Auto (und zwar nicht in einem Camper oder Bus, sondern in einem gnz
normalen Auto) geschlafen haben, von der Nacht am Flughafen, dem Flug
und der Schwüle auf Nadi. Jetzt nur noch die vier Stunden im Bus
rumkriegen und dann endlich ein Bett haben. Leider vergisst der
Busfahrer, uns bei unserem Hotel rauszulassen. Als wir ihn fragen,
wann den endlich das "Beach House" komme, meint er nur, das
sei schon vorbei. Er hätte vergessen, uns Bescheid zu sagen, und wir
sollen einfach den nächsten Bus zurück nehmen. Auf unsere Fragen,
wann denn der nächste Bus komme und ob wir dann nochmal zahlen
müssen (wir haben ja eigentlich unser Ticket bis zum Hotel schon
bezahlt), antwortet er nicht oder tut so, als ob er nichts verstehe.
Na super! Ich hocke mich, inzwischen etwas verzweifelt, an den
Straßenrand und wir warten auf einen Bus, der uns wieder bis zu
unserem Hostel zurücknimmt. Leider kommt keiner. Wir versuchen es
mit Trampen und letztendlich hält ein nettes Pärchen samt kleinem
Sohn an und nimmt uns mit. Sie sind total freundlich, hilfsbereit und
an deutschem Fußball interessiert (Schweinsteiger kennt hier
jeder!). So kommen wir letztendlich doch noch im "Beach House"
an – nach 50 Stunden ohne Bett und nur ein paar wenigen Stunden
Schlaf am Flughafen. Ich bin erleichtert. Alles sieht unheimlich
schön aus, der Strand ist ein Traum, das Personal sehr nett. Unser
Zimmer hat helle Lampen und weiße Wände – perfekt für das
Bewerbungsgespräch. Wir packen unsere Sachen ins Zimmer und
schmeißen uns auf's Bett mit der Aussicht, ein paar Stunden schlafen
zu können. Aber erst will ich noch schnell die WiFi-Verbindung
testen, schließlich ist es morgen soweit. Und...ES KLAPPT NICHT!!!
Die Flüche, die ich von mir gebe, schreibe ich hier nicht auf. Wir
beschweren uns beim Personal (schließlich haben wir das Hostel
hauptsächlich wegen der guten Internetverbindung gebucht, die uns
telefonisch zugesichert wurde). Jaaaa, der WiFi-Hotspot sei seit
einigen Stunden (aha!?) kaputt, es gäbe aber einen zweiten im
Barbereich. Ich schaue mich mal im Barbereich um: schummrige
Beleuchtung, laute Musik, viele Leute, lautes Lachen...im Prinzip
eine schöne, entspannte Atmosphäre. Allerdings wenig geeignet für
ein Vorstellungsgespräch. Inzwischen sehr verzweifelt, versuche ich
den Angestellten meine Situation zu erklären, ob es denn nicht
irgendeinen Ausweg gäbe? Die nette Frau vom Restaurant lächelt mich
ganz freudig an und meint, doch, doch, ich solle mich auf's
Volleyballfeld setzen, dort sei es ruhiger. Dass es dort auch
stockdunkel und voller Sand ist, scheint sie nicht zu bemerken. So
langsam merke ich, dass das nichts wird...alle bemühen sich zwar,
mir zu helfen, aber niemandem scheint wirklich klar zu sein, was ein
Bewerbungsgespräch überhaupt ist! Alle meinen nur, "Ah, neuer
Job, toll, toll! Arbeit ist wichtig! Wir haben eine tolle Arbeit im
"Beach-House"! Viel Glück!" Ja, Glück könnte ich
jetzt echt gebrauchen! Resigniert bestellen wir etwas zu essen, ich
kann allerdings weder das Strandfeeling noch den fantastischen Fisch
richtig genießen und mache mir Sorgen wegen morgen. Wo soll ich denn
jetzt hin? Hans meint, erst mal schlafen, und das machen wir dann
auch!
Am nächsten Morgen wache ich etwas
erholter und mit neuer Motivation auf. Wir beschließen, uns das
nächstgelegene Hotel anzuschauen. Es ist drei Kilometer weit weg und
wir laufen am Strand entlang. Nach einer Viertelstunde kommen wir an
einem kleinen Dorf vorbei, wo uns die Einheimischen freundlich
begrüßen und eine Frau mir direkt den Rucksack entreißt und ihn
zum Hotel tragen will. Ich bin etwas skeptisch...ist sie wirklich nur
hilfsbereit oder will sie am Ende für ihre Arbeit entlohnt werden?
Und wieder zeigt sich, dass man Menschen einfach vertrauen sollte!
Charlotte, so heißt sie, ist Anfang 30 und begeistert, uns begleiten
zu dürfen, uns in ihrem einfachen Englisch, worauf sie sehr stolz
ist, über Deutschland ausfragen zu können und uns von ihrer Heimat
und traditionellen Fiji-Rezepten erzählt. Uns kommt eine Horde
kreischender Kindergartenkinder aus dem Dorf entgegen, die sich mit
Begeisterung lautstark ins Meer werfen und unbedingt für ein Foto
posieren wollen. Ich freue mich über die Begegnung mit Einheimischen
(die man in den abgeschotteten Resorts selten kennenlernt), die uns
so offen und herzlich begrüßen! Im Hostel dann die nächste
positive Überraschung: es gibt zwar kein WiFi, dafür aber Computer
an der Rezeption, die mit Headsets und Kamera ausgestattet sind.
Bevor ich ausprobiere, ob ich einen der drei Pcs für heute abend
nutzen kann, veraschieden wir uns von Charlotte, die mir viel Glück
wünscht und uns einlädt, nochmal bei ihr vorbei zu kommen, sie
würde dann für uns etwas Traditionelles kochen. Einfach nur
rührend!
Ich skype testweise mit meiner Mutter
und einer Freundin...hm, die Qualität ist nicht atemberaubend, es
ist auch relativ dunkel, so dass man mich nicht sehr gut erkennen
kann, aber immerhin bricht die Verbindung nicht ab und es ist ruhig.
Ich beschließe, es zu versuchen (es bleibt mir auch kaum eine andere
Wahl) und nutze die verbleibenden Stunden, um mich ein bisschen
vorzubereiten und leckeren Fisch (den ich wegen der Aufregung noch
immer nicht so richtig genießen kann) zu essen.
Um 21:00 ist es dann soweit. Ich muss
fast lachen, als der Schulleiter mich kurz nach neun anruft um mir
mitzuteilen, dass sie Probleme mit der Kamera hätten und in zehn
Minuten nochmal anrufen würden. Letztendlich steht aber dann die
Verbindung und das Gespräch läuft, trotz gelegentlichen Ton- und
Bildproblemen sowie einem Mann, der lautstark redend durch den Raum
läuft und dann von Hans "verscheucht" wird, gut. Der
Schulleiter und die weitere "Jury" (Personalausschuss etc.)
sind sehr nett und meine anfängliche Aufregung verfliegt genauso
schnell wie das Gespräch per se.
Ich bin erleichtert, dass doch noch
alles geklappt hat und schlafe tief und fest. Am nächsten Tag
wandern wir wieder zum "Beach House", um den letzten Tag
auf Fiji (und den fantastischen Fisch!) ausgiebig zu genießen! Und
jetzt fühle auch ich mich endlich wie im Paradies!!!
P.S. Übrigens: Ich hab' den Job :-)