Samstag, März 24, 2012

Auf der Jagd nach dem Internet


Ich habe ein Bewerbungsgespräch für eine schulscharfe Stelle. Und da ich leider nicht persönlich vorbeikommen kann, läuft das ganze über Skype. Leider findet das Gespräch nicht dann statt, wenn wir noch in Neuseeland sind, wo es überall fantastische WiFi-Verbindungen gibt. Auch nicht dann, wenn wir schon in Ecuador sind, bei Freunden, in einem eigenen Zimmer mit Internet und Ruhe. Nein, es findet dazwischen statt. An einem der vier Tage, an denen wir auf den Fiji-Inseln sind. Wo, wie ich mit Schrecken erfahre, es kein sonderlich ausgeprägtes WiFi-System geben soll, ja, auf manchen Inseln soll es sogar gar kein Internet geben! Nun gut, dann fahren wir nicht auf eine der zahlreichen Inseln, sondern bleiben eben auf der Hauptinsel Nadi und suchen uns ein Hotel mit einer Internetverbindung. Und zwar mit einer möglichst guten, schließlich wäre es weder von Vorteil, wenn dauernd der Ton ausfällt, noch, wenn dauernd das Bild stockt. Das Vorgespräch findet zwei Tage früher statt. Ich sitze am Flughafen in Auckland (morgen geht es ganz früh nach Fiji), es ist 23:00 und ich habe die letzte Stunde damit verbracht, einen relativ geeigneten Platz zu suchen, wo die Flughafenansagen nicht ganz so hallen, keine tränenreichen Abschiedszsenen stattfinden und keine Mc-Donalds-Tüten rumstehen. Letztendlich dient ein Flughafenmülleimer als Laptop ablage, aber sieht ja niemand. Und siehe da: das Vorgespräch läuft gut. Der Schulleiter ist freundlich und Bild und Ton sind auch in Ordnung. Etwas beruhigt lege ich mich auf den wenig weichen Flughafenboden und schlafe drei Stunden durch. In Nadi angekommen werden wir direkt von zahlreichen Schleppern umringt, die uns ein Hotel aufquatschen wollen. Da wir noch keins gebucht haben – ich muss mich ja schließlich erst von der Qualität der Internetverbindung überzeugen – lassen wir uns sämtliche Angebote zeigen. Die Resorts sind allerdings nicht in Nadi-Stadt, sondern über die ganze Insel verteilt. Klar, die Touris wollen ja Strand. Ich kann also nicht sämtliche Hotels abklappern und schauen, ob die Verbindung ausreichend stark ist. Der Typ vom Reisebüro empfiehlt uns ein Hotel und versichert uns, dort gäbe es Internet, gutes noch dazu. Er ruft sogar extra an und fragt nach. Uns bleibt ja kaum eine andere Wahl, außerdem sieht das "Beach House" schön aus! Wir zahlen eine Nacht im Voraus und setzen uns in den nächsten Bus. Ich bin völlig k.o.von den letzten Wochen, die wir in Neuseeland im Auto (und zwar nicht in einem Camper oder Bus, sondern in einem gnz normalen Auto) geschlafen haben, von der Nacht am Flughafen, dem Flug und der Schwüle auf Nadi. Jetzt nur noch die vier Stunden im Bus rumkriegen und dann endlich ein Bett haben. Leider vergisst der Busfahrer, uns bei unserem Hotel rauszulassen. Als wir ihn fragen, wann den endlich das "Beach House" komme, meint er nur, das sei schon vorbei. Er hätte vergessen, uns Bescheid zu sagen, und wir sollen einfach den nächsten Bus zurück nehmen. Auf unsere Fragen, wann denn der nächste Bus komme und ob wir dann nochmal zahlen müssen (wir haben ja eigentlich unser Ticket bis zum Hotel schon bezahlt), antwortet er nicht oder tut so, als ob er nichts verstehe. Na super! Ich hocke mich, inzwischen etwas verzweifelt, an den Straßenrand und wir warten auf einen Bus, der uns wieder bis zu unserem Hostel zurücknimmt. Leider kommt keiner. Wir versuchen es mit Trampen und letztendlich hält ein nettes Pärchen samt kleinem Sohn an und nimmt uns mit. Sie sind total freundlich, hilfsbereit und an deutschem Fußball interessiert (Schweinsteiger kennt hier jeder!). So kommen wir letztendlich doch noch im "Beach House" an – nach 50 Stunden ohne Bett und nur ein paar wenigen Stunden Schlaf am Flughafen. Ich bin erleichtert. Alles sieht unheimlich schön aus, der Strand ist ein Traum, das Personal sehr nett. Unser Zimmer hat helle Lampen und weiße Wände – perfekt für das Bewerbungsgespräch. Wir packen unsere Sachen ins Zimmer und schmeißen uns auf's Bett mit der Aussicht, ein paar Stunden schlafen zu können. Aber erst will ich noch schnell die WiFi-Verbindung testen, schließlich ist es morgen soweit. Und...ES KLAPPT NICHT!!! Die Flüche, die ich von mir gebe, schreibe ich hier nicht auf. Wir beschweren uns beim Personal (schließlich haben wir das Hostel hauptsächlich wegen der guten Internetverbindung gebucht, die uns telefonisch zugesichert wurde). Jaaaa, der WiFi-Hotspot sei seit einigen Stunden (aha!?) kaputt, es gäbe aber einen zweiten im Barbereich. Ich schaue mich mal im Barbereich um: schummrige Beleuchtung, laute Musik, viele Leute, lautes Lachen...im Prinzip eine schöne, entspannte Atmosphäre. Allerdings wenig geeignet für ein Vorstellungsgespräch. Inzwischen sehr verzweifelt, versuche ich den Angestellten meine Situation zu erklären, ob es denn nicht irgendeinen Ausweg gäbe? Die nette Frau vom Restaurant lächelt mich ganz freudig an und meint, doch, doch, ich solle mich auf's Volleyballfeld setzen, dort sei es ruhiger. Dass es dort auch stockdunkel und voller Sand ist, scheint sie nicht zu bemerken. So langsam merke ich, dass das nichts wird...alle bemühen sich zwar, mir zu helfen, aber niemandem scheint wirklich klar zu sein, was ein Bewerbungsgespräch überhaupt ist! Alle meinen nur, "Ah, neuer Job, toll, toll! Arbeit ist wichtig! Wir haben eine tolle Arbeit im "Beach-House"! Viel Glück!" Ja, Glück könnte ich jetzt echt gebrauchen! Resigniert bestellen wir etwas zu essen, ich kann allerdings weder das Strandfeeling noch den fantastischen Fisch richtig genießen und mache mir Sorgen wegen morgen. Wo soll ich denn jetzt hin? Hans meint, erst mal schlafen, und das machen wir dann auch!
Am nächsten Morgen wache ich etwas erholter und mit neuer Motivation auf. Wir beschließen, uns das nächstgelegene Hotel anzuschauen. Es ist drei Kilometer weit weg und wir laufen am Strand entlang. Nach einer Viertelstunde kommen wir an einem kleinen Dorf vorbei, wo uns die Einheimischen freundlich begrüßen und eine Frau mir direkt den Rucksack entreißt und ihn zum Hotel tragen will. Ich bin etwas skeptisch...ist sie wirklich nur hilfsbereit oder will sie am Ende für ihre Arbeit entlohnt werden? Und wieder zeigt sich, dass man Menschen einfach vertrauen sollte! Charlotte, so heißt sie, ist Anfang 30 und begeistert, uns begleiten zu dürfen, uns in ihrem einfachen Englisch, worauf sie sehr stolz ist, über Deutschland ausfragen zu können und uns von ihrer Heimat und traditionellen Fiji-Rezepten erzählt. Uns kommt eine Horde kreischender Kindergartenkinder aus dem Dorf entgegen, die sich mit Begeisterung lautstark ins Meer werfen und unbedingt für ein Foto posieren wollen. Ich freue mich über die Begegnung mit Einheimischen (die man in den abgeschotteten Resorts selten kennenlernt), die uns so offen und herzlich begrüßen! Im Hostel dann die nächste positive Überraschung: es gibt zwar kein WiFi, dafür aber Computer an der Rezeption, die mit Headsets und Kamera ausgestattet sind. Bevor ich ausprobiere, ob ich einen der drei Pcs für heute abend nutzen kann, veraschieden wir uns von Charlotte, die mir viel Glück wünscht und uns einlädt, nochmal bei ihr vorbei zu kommen, sie würde dann für uns etwas Traditionelles kochen. Einfach nur rührend!
Ich skype testweise mit meiner Mutter und einer Freundin...hm, die Qualität ist nicht atemberaubend, es ist auch relativ dunkel, so dass man mich nicht sehr gut erkennen kann, aber immerhin bricht die Verbindung nicht ab und es ist ruhig. Ich beschließe, es zu versuchen (es bleibt mir auch kaum eine andere Wahl) und nutze die verbleibenden Stunden, um mich ein bisschen vorzubereiten und leckeren Fisch (den ich wegen der Aufregung noch immer nicht so richtig genießen kann) zu essen.
Um 21:00 ist es dann soweit. Ich muss fast lachen, als der Schulleiter mich kurz nach neun anruft um mir mitzuteilen, dass sie Probleme mit der Kamera hätten und in zehn Minuten nochmal anrufen würden. Letztendlich steht aber dann die Verbindung und das Gespräch läuft, trotz gelegentlichen Ton- und Bildproblemen sowie einem Mann, der lautstark redend durch den Raum läuft und dann von Hans "verscheucht" wird, gut. Der Schulleiter und die weitere "Jury" (Personalausschuss etc.) sind sehr nett und meine anfängliche Aufregung verfliegt genauso schnell wie das Gespräch per se.
Ich bin erleichtert, dass doch noch alles geklappt hat und schlafe tief und fest. Am nächsten Tag wandern wir wieder zum "Beach House", um den letzten Tag auf Fiji (und den fantastischen Fisch!) ausgiebig zu genießen! Und jetzt fühle auch ich mich endlich wie im Paradies!!!



P.S. Übrigens: Ich hab' den Job :-)

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